Kleinunternehmerregelung bei der Umsatzsteuer gilt auch für Freiberufler mit nur teilweise umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen

Physiotherapeuten und Podologen üben steuerfreie und zum Teil auch steuerpflichtige Leistungen aus. Für die dem Grunde nach zu 19% oder 7% steuerpflichtigen Leistungen gilt auch die Kleinunternehmergrenze von 22.000,- € Jahresumsatz (Einnahmen). Das bedeutet, dass keine Umsatzsteuer ausgewiesen und abgeführt werden muss, wenn die dem Grunde nach steuerpflichtigen Leistungen insgesamt die Jahresgrenze von 22.000,- € Einnahmen nicht überschreiten.

Umsatz ist der vereinnahmte Gesamtumsatz ohne darin enthaltene Umsätze aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (PC-Verkauf, Pkw-Verkauf etc.) und ohne steuerfreie Umsätze wie z.B. die gem. § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nr. 11 bis 28 UStG.

Wird die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen, darf Umsatzsteuer in den Ausgangsrechnungen nicht ausgewiesen werden. Vorsteuerbeträge können nicht abgezogen werden.

 

In den Rechnungen über dem Grunde nach steuerpflichtige Lieferungen und Leistungen wie z.B. Warenverkäufe, Massagen ohne Rezept von bis zu 22.000,- € Jahresumsatz dieser Lieferungen und Leistungen und Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung,  ist wie folgt darauf hinzuweisen, dass der Unternehmer Kleinunternehmer ist: „Kleinunternehmer gem. § 19 Abs.1 UStG“

Dieser Vermerk ist nicht in Rechnungen über steuerfreie Leistungen aufzunehmen.

 

umsatzsteuerfreie Umsätze

Die nachfolgende Aufzählung stellt keine abschließende Aufzählung dar und repräsentiert den Rechtsstand zum Veröffentlichungsdatum dieses Beitrages. Später erfolgende Änderungen im Umsatzsteuergesetz oder auch BFH-Urteile können daher eine jetzt steuerfreie Leistung steuerpflichtig werden lassen und anders herum. Zum aktuellen Rechtsstand ist daher immer ein Steuerberater zu befragen.

§ 4 Abs. 14a UStG

Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden (gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten).

 

Eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit üben beispielsweise aus:

Masseurinnen bzw. Masseure

medizinische Bademeister/innen (staatlich geprüft).

Podologinnen und Podologen, denen die zur Ausübung ihres Berufes erforderliche Erlaubnis nach § 1 Podologengesetz (– PodG – ) erteilt ist oder nach § 10 Abs. 1 PodG als erteilt gilt

Die Steuerbefreiung kann von den genannten Unternehmern u.a. für die medizinische Fußpflege und die Verabreichung von medizinischen Bädern, Unterwassermassagen, Fangopackungen ( BFH-Urteil vom 24.1.1985, IV R 249/82, BStBl II S. 676 = SIS 85 08 45 ) und Wärmebestrahlungen in Anspruch genommen werden. Das gilt auch dann, wenn diese Verabreichungen selbständige Leistungen und nicht Hilfstätigkeiten zur Heilmassage darstellen.

Physiotherapeuten oder Masseure bzw. medizinische Bademeister mit entsprechender Zusatzausbildung können umsatzsteuerfreie osteopathische Leistungen erbringen, sofern eine ärztliche Verordnung bzw. eine Verordnung eines Heilpraktikers vorliegt.

 

Heilbehandlungen sind Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden.

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG kommt für Leistungen arztähnlicher Berufe grundsätzlich nur in Betracht, wenn sie aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme erbracht werden (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 2005, V R 23/04 [ BStBl 2005 II S. 904]). Die Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist in jedem Einzelfall nachzuweisen (Rezept).

Es reicht daher eine ärztliche Diagnose – eine Verordnung muss nicht zwingend vorliegen.

Massageleistungen, die von einem Physiotherapeuten ohne vorherige ärztliche Anordnung lediglich aus kosmetischen Gründen oder zur Verbesserung des Wohlbefindens („wellness”) durchgeführt werden, fallen dagegen nicht unter die Steuerbefreiung.

 

Wenn der Arzt keine Verordnung ausstellen will

Oftmals erhalten Patienten keine Verordnung des Arztes, weil dieser sein Budget schonen will oder bereits überschritten hat oder die Krankenkasse nur eine geringe Anzahl an Behandlungen im Jahr erstattet. In derartigen Fällen ist es angebracht, den Patientien zu bitte, sich ein Privatrezept seines Arztes geben zu lassen.

Der Patient zahlt dann die Behandlung selbst. Sie unterliegt jedoch nicht der Umsatzsteuer. Davon haben Patient und Therapeut einen Vorteil. Ohne 19% Umsatzsteuer ist die Behandlung für den Patienten günstiger. Der Therapeut überschreitet die jährliche Umsatzgrenze nicht.

 

 

Heilberufliche Leistungen sind daher nur steuerfrei, wenn bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht.

Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe i. S. d. § 20 SGB V, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben, weil sie lediglich „den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern” sollen, sind keine Heilbehandlungen.

 

Steuerpflichtige Umsätze (dem Grunde nach)

Steuerpflichtig sind vereinfacht dargestellt dem Grunde nach alle Umsätze, für die keine Steuerbefreiung vorliegt.

Umsatzsteuersatz 19%

Massagen etc. ohne ärztliche Verordnung  (bei Diagnose durch Arzt oder Therapeut 7%)

Podologieumsätze ohne ärztliche Diagnose oder ohne ärztliche Verordnung

Die reine Fußpflege ohne ärztliche Verordnung

Umsatzsteuerpflichtig sind auch Warenverkäufe wie z.B. Pflegemittel im Bereich der Fuß- und Körperpflege (kann zu Gewerblichkeit führen)

 

Behandlungen im Anschluss/Nachgang einer ärztlichen Diagnose, für die die Patienten die Kosten selbst tragen, sind grundsätzlich nicht als steuerfreie Heilbehandlung anzusehen. Sofern für diese Anschlussbehandlungen keine ärztliche Diagnose oder Verordnung vorliegt, handelt es sich hierbei um steuerpflichtige Präventionsmaßnahmen.

 

Umsatzsteuersatz 7%

Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG

Von Physiotherapeuten oder staatlich geprüften Masseuren erbrachte Leistungen, welche von den Krankenkassen grundsätzlich als Heilmittel anerkannt sind, unterliegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Wenn ein Patient keine Verordnung vorlegt, muss auf der Rechnung eine Diagnose vermerkt sein, um nachzuweisen, dass es sich um eine solche Leistung handelt.

Physiotherapeutische Leistungen (z. B. Heilmassagen und Heilgymnastik) zählen gem. Abschnitt 12.11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UStAE zu den nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG vom ermäßigten Umsatzsteuersatz begünstigten Heilbädern.

Da es bei der Verabreichung von Heilbädern, die ihrer Art nach allgemeinen Heilzwecken dienen, nicht erforderlich ist, dass im Einzelfall ein bestimmter Heilzweck nachgewiesen wird (Abschnitt 12.11 Abs. 4 Satz 1 UStAE), unterliegen die steuerpflichtigen Leistungen, die typischerweise von Physiotherapeuten oder staatlich geprüften Masseuren erbracht werden und von den Krankenkassen grundsätzlich als Heilmittel anerkannt sind, dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.