Beratung und Verteidigung im Steuerstrafverfahren

Was viele Mandanten nicht wissen:

Bereits die nicht rechtzeitige Abgabe von Steuererklärungen erfüllt bereits den Tatbestand der Steuerhinterziehung, weil die Steuern nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Werden daher Steuererklärungen gar nicht oder aber verspätet abgegeben, können allein deswegen bereits Steuerstrafverfahren eingeleitet werden – welches in letzter Zeit auch vermehrt vorkommt.

So erfüllen z.B. auch zu niedrig angesetzte Umsätze in einer Umsatzsteuervoranmeldung bereits den Tatbestand der Steuerhinterziehung.

Werden in Steuererklärungen über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht – z.B. bei der Vermietung zu niedrige Einnahmen erklärt, Reparaturaufwendungen in der selbst genutzten Wohnung bei der Vermietung erklärt, bei den Fahrtkosten zur Arbeit höhere Entfernungskilometer angesetzt oder zu viele Arbeitstage – und dadurch Steuern verkürzt, liegt ebenfalls Steuerhinterziehung vor. Bereits der Versuch ist strafbar.

Auch das Weglassen von erhaltenen Erstattungsbeträgen für Werbungskosten wie Fahrtkostenersatz, Reisekostenersatz (Verpflegungspauschalen) oder von Einkünften wie Provisionen für einmalige oder gelegentliche Vermittlungen über 256,- €/Jahr stellen Steuerhinterziehung dar, wenn dadurch Steuern verkürzt worden sind, weil die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen worden ist. Auch in diesen Fällen ist der Versuch strafbar.

 

Steuerberater, Rechtsanwalt oder Steuerberater und Rechtsanwalt

Das Steuerstrafrecht stellt sozusagen einen Zwitter aus Steuerrecht und Strafrecht dar. Zwingend erforderlich sind daher sowohl steuerrechtliche Kenntnisse, insbesondere auch Kenntnisse der Abgabenordnung sowie Kenntnisse im Straf- und Verfahrensrecht.

Üblicherweise kennt sich der Steuerberater im Steuerrecht gut aus, muss für die Vertretung im Steuerstrafverfahren aber auch tiefer gehende Kenntnisse in der Abgabenordnung (AO) haben sowie Kenntnisse im Straf- und Verfahrensrecht.

Auf der anderen Seite kennt sich der Rechtsanwalt im Strafrecht gut aus, benötigt aber auch zwingend steuerrechtliche Kenntnisse.

Ob der Steuerberater alleine, ein Rechtsanwalt als Strafverteidiger alleine oder Steuerberater und Rechtsanwalt gemeinsam einen Mandanten vertreten, hängt zunächst davon ab, wer das Verfahren durchführt. Soweit die Finanzbehörde das Strafverfahren selbständig durchführt, also das Finanzamt für Steuerstraf- und Bußgeldsachen – die Finanzbehörde – die Strafsache nicht an die Staatsanwaltschaft abgegeben hat, kann der Steuerberater die Verteidigung allein durchführen.

Ob dies sinnvoll ist, hängt auch von dem Vorwurf und damit den Erfolgsaussichten für eine Einstellung des Verfahrens sowie dem Verfahrensverlauf ab.

 

Ziel muss immer die Einstellung des Verfahrens sein und damit die Vermeidung einer Anklageerhebung

Liegt weder eine Verfolgungsverjährung gem. § 78 StGB vor, noch wurde eine wirksame Selbstanzeige gem. § 371 AO übersehen und reichen die ermittelten Beweise für eine Verurteilung aller Wahrscheinlichkeit nach aus, sollte zwingend eine Verfahrenseinstellung oberstes Ziel sein.

 

Einstellung gem. § 153 StPO

Die eleganteste Variante der Verfahrenseinstellung wäre gem. § 153 StPO wegen Geringfügigkeit, bei der die Steuerverkürzung und die Schuld als gering einzustufen sind und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht (398 AO).

 

Einstellung gem. § 153a StPO

Kommt eine Einstellung wegen Geringfügigkeit nicht in Betracht, ist eine Verfahrenseinstellung gem. § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage anzustrengen.

 

Ist eine Verfahrenseinstellung gem. § 153/§153a StPO nicht erreichbar, so sollte zur Vermeidung einer Anklageerhebung die Beendigung des Verfahrens durch den Erlaß eines Strafbefehls angestrebt werden. In diesem Fall sollte gemeinsame Vertretung durch Steuerberater und Rechtsanwalt als Strafverteidiger erfolgen.

 

 

 

Fazit

In Steuerstrafverfahren, welche von der Finanzbehörde durchgeführt werden und bei denen es in erster Linie um die Nacherhebung von Steuern geht und strafrechtlich mit einer Einstellung gem. § 153/§153a StPO zu rechnen ist, ist es zweckmäßig, dass die Beratung und Verteidigung durch einen Steuerberater erfolgt.

In allen anderen Fällen, insbesondere in besonders schweren Fällen von Steuerhinterziehung, bei denen strafprozessuale Zwangsmaßnahmen wie z.B. eine Untersuchungshaft bereits gegenüber dem Mandanten eingeleitet wurden, sollten Strafverteidiger und Steuerberater zusammen vertreten.

Führt die Staatsanwaltschaft und nicht die Finanzbehörde das Ermittlungsverfahren, ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt als Strafverteidiger Pflicht. Dieser sollte jedoch nicht auf die Kompetenz eines Steuerberaters verzichten. Letztendlich richtet sich das Strafmaß auch nach der hinterzogenen Steuer.